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Draisine als Schienenfahrrad |
Als Draisine wird ein meist vierrädriges
Bahndienstfahrzeug bezeichnet, das mit Hand- oder
mit Motorantrieb, als Hilfsfahrzeug zur Inspektion von
Eisenbahnstrecken sowie zum Transport von Arbeitern
und Werkzeug verwendet wird.
Neuerdings werden stillgelegte Bahnstrecken von
Kommunen und/oder privaten Unternehmen gepachtet und mit
hand- oder pedalgetrieben Draisinen als Freizeitgerät
bestückt und für touristische Zwecke genutzt.
Historische Entwicklung
1837 war in Wien ein zweirädriges
Schienenfahrzeug als Hilfsfahrzeug für Bahnarbeiter
erfunden worden, das auf einer
Schiene lief und mit den Füßen abgestoßen wurde,
also sehr der damals seit zwanzig Jahren bekannten
Drais'schen „Laufmaschine“
ähnelte. Deshalb wurde der Name Draisine für alle
schienengebundenen Hilfsfahrzeuge übernommen.
Das zweispurige mechanisch angetriebene Gefährt, das
sich dann einzig für diesen Zweck durchsetzte, geht
dagegen wirklich auf
Karl Drais zurück.
1842 erprobte er ein solches Fahrzeug in Karlsruhe
mit Genehmigung der Staatseisenbahn. Der Antrieb
erfolgte über eine Mechanik, die die Mitfahrenden mit
ihren Füßen betätigten.
Später bauten sich
Eisenbahnarbeiter aus alten Fahrrädern teilweise
abenteuerliche Gefährte für diese Aufgabe. Auch
Fahrradfirmen wie Seidel & Naumann stellten Draisinen
her.
Am bekanntesten ist die Handhebeldraisine, eine
Bauform, die insbesondere bei amerikanischen
Bahnverwaltungen weit verbreitet war: Auf einer
Plattform stehend treibt man das Fahrzeug dadurch
vorwärts, dass man einen an einer Säule montierten
pumpschwengelähnlichen Hebel periodisch auf und ab
bewegt. Die Kraft wird dann über eine
Kurbelschwinge auf die Räder übertragen. Dieser Typ
war und ist ein häufig eingesetztes Requisit in
amerikanischen Filmen, vor allem in
Slapsticks und
Zeichentrickfilmen. In die Literatur wurde sie von
Jules Verne eingeführt (Reise
um die Erde in 80 Tagen), und bei
Edward Gorey ist sie wichtigstes Requisit im
Comic The Willowdale Handcar.
In neuerer Zeit fanden hauptsächlich Motordraisinen
Verwendung. Hierbei wurden oft Straßenfahrzeuge (PKW) zu
Schienenfahrzeugen umgebaut; diese Lösung war bei
einfachen Betriebsverhältnissen im Ausland öfter zu
beobachten.
Inhaltsverzeichnis
Freizeittourismus mit
Draisinen
Eisenbahn-Draisine Templin – Fürstenberg
(Havel)
In Europa werden in mehreren Ländern stillgelegte
Eisenbahnstrecken für den Fremdenverkehr mit Draisinen
befahren. In Deutschland gab es schon
2004 ca. 10 Projekte, die Draisinenfahrten anbieten.
In der Regel werden Fahrten im Vermietbetrieb auf
stillgelegten Eisenbahnstrecken angeboten. Bei den
Fahrzeugen werden entweder Handhebeldraisinen (etwa am
„Kulturbahnhof
Ratzeburg“) oder einfache Fahrraddraisinen (zum
Beispiel im
Glantal) angeboten.
Bei den verwendeten Fahrzeugen handelt es sich
überwiegend um ausgesprochen einfache Konstruktionen.
Eine technische Neuentwicklung einer Draisine wurde
dagegen im Landkreis Reutlingen von einer
Berufsfachschule im Jahr
2003 präsentiert. Das Fahrzeug verfügt über 6
Sitzplätze, die jeweils über eine 7-Gang-Nabenschaltung
verfügen. Das Fahrzeug wurde 2006 auf der
Ostertalbahn eingesetzt, 2007 auf der
Rosseltalbahn (siehe unten). Im Gegensatz zu
bestehenden Strecken begleitet ein ausgebildeter
Fahrzeugführer die Fahrgäste, da es sich um eine
Eisenbahnstrecke handelt, die als
EBO-Strecke vorgehalten wird.
Für das Glantal konnten nach der Etablierung der
Draisinenbahn positive Effekte für den Tourismus in der
Region festgestellt werden (Zeitschrift Praxis
Geographie 12/2004).
Inhaltsverzeichnis
Draisinenbetriebsstrecken
Brandenburg
Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen
Hessen
Rheinland-Pfalz
- Die Draisinenstrecke in der Westpfalz auf der
dem stillgelegten Abschnitt der
Glantalbahn zwischen
Altenglan und
Staudernheim. Es kann zwischen der Kurzstrecke
bis
Lauterecken (17,5 km ab Altenglan) und der
vollen 38,5 km langen Distanz gewählt werden.
Gefahren wird auf Fahrrad- und Handhebeldraisinen in
verschiedenen Formen (unter anderem auch
„Konferenzdraisinen“ mit Tisch und Platz für sechs
Personen).
Zur Zeit (März 2007) wird die Draisinenstrecke
verlängert, so dass sich der Startpunkt direkt am
Bahnhof in Staudernheim befinden wird.
- Zwischen
Bornheim bei
Landau (Pfalz) und
Lingenfeld kann von Mai bis Oktober auf der
26 km langen Strecke der Südpfalz Draisinenbahn
geradelt werden (Untere
Queichtalbahn).
- Im
Aartal zwischen
Diez–Freiendiez und Aarbergen–Michelbach
(Hessen) wurde durch den Arbeitskreis Aartalbahn
ebenfalls ein Draisinen-Betrieb eingerichtet.
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Inhaltsverzeichnis
Saarland
- Auf der
Warndt- und
Rosseltalbahn zwischen der ehem. Grube
Warndt und
Völklingen-Wehrden verkehrte erstmals 2007 im
Sommerhalbjahr unter dem Namen „Warndt-Express" eine
Fahrraddraisine moderner Bauart für fünf Personen
plus Draisinenführer (die „Florentine"). 2008 kam
eine weitere für sieben Personen hinzu. Jeder
Fahrgast der Florentine kann mittels eigenem
Getriebe seine Leistungsübertragung in sieben Stufen
selbst einstellen; bei der zweiten Draisine sind
vier Fahrgäste „antriebsfrei". Ausgangspunkt der
Fahrten ist der Bahnhof von
Großrosseln, von wo aus in Richtung Warndt-Grube
oder Völklingen–Wehrden gefahren werden kann. Die
Warndt- und Rosseltalbahn diente bis 2005 dem
Transport von Steinkohle von der Grube Warndt der
Saarbergwerke AG (später DSK, heute RAG) und war
elektrifiziert; die Fahrleitung wurde inzwischen
abgebaut.
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Inhaltsverzeichnis
Schleswig-Holstein
Thüringen
- Seit 2003 bemüht sich der Eichsfelder
Kanonenbahnverein e.V., einen Abschnitt der
ehemaligen
Kanonenbahn in Nordwestthüringen als
Draisinenstrecke zu nutzen und bietet seit dem 15.
Mai 2006 Fahrten an, die u.a. über das 24 Meter hohe
Eisenbahnviadukt führen, das den Ort
Lengenfeld unterm Stein überspannt. Der Erlös
dient dem Erhalt von Strecke und Bauwerken.
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Inhaltsverzeichnis
Österreich
Sport
Seit 2004 werden im Rahmen der Deutschen
Draisinentage auf der Glantalstrecke im
Landkreis Kusel die Deutschen Meisterschaften im
Schienenfahrrad-Draisinenfahren in den Disziplinen
Handhebeldraisine (6 Personen je Team,
Streckenlänge: 20 km), Fahrraddraisine
(3 Personen je Team, 20 km) und Sprintrennen
(3 Personen je Team, 720 m) ausgetragen. Der Sieger der
Disziplin Handhebeldraisine qualifiziert sich für
die jährlich im finnischen
Haapamäki ausgetragene Draisinen-Weltmeisterschaft
dieser Disziplin.
Inhaltsverzeichnis
Literatur
- Annette Coen: Natur und Erlebnis pur. Mit der
Draisine durch das Pfälzer Bergland. in: Praxis
und Geographie. Westermann, Braunschweig
34.2004,12, S.14-16.
ISSN 0171-5178
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Inhaltsverzeichnis
Weblinks